Sabine Leidig
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Redetext

Artikel
#FridaysForFuture: Kinder legen den Finger in die Wunde
26. März 2019
„Die Klimaänderungen sind eine der größten Gefahren für die Menschheit. Der erforderliche Strukturwandel muss jetzt beginnen.“ Diese Feststellung stammt nicht etwa vom Klimastreik der Schülerinnen und Schüler in diesem Jahr; sie stand in einem Appell deutscher Meteorologinnen und deutscher Physikerinnen – aus dem Jahr 1987.

Die politisch Verantwortlichen hätten  schon damals die Weichen umstellen können. Zum Beispiel beim Verkehr. Dann wären heute nur halb so viele Autos auf den Straßen unterwegs und die Autos wären halb so groß; wir hätten mindestens 7.000 Kilometer mehr Bahngleise (so viel wurde seither abgebaut) und Tausende mehr Bahnhöfe mit Service. Der öffentliche Nahverkehr wäre überall gut ausgebaut, sodass niemand aufs eigene Auto angewiesen ist. Und in den Städten gäb´s längst mehr Platz für Kinder, Fußgänger und Fahrräder. Stattdessen hat die Regierung mitgeholfen, dass Autokonzerne mit immer mehr und immer größeren Autos immer mehr Profit machen. Das ist das Problem.

In fast allen Staaten weltweit haben wir am Freitag, 15. März Demonstrationen von „Fridays-for-Future“ erlebt. Auch bei uns waren Hunderttausende junge Menschen unterwegs. Sie bringen zum Ausdruck, was eigentlich alle wissen: Es muss jetzt gehandelt werden, weil es sonst zu spät ist. Die Lebensgrundlage unserer Kinder und Enkelkinder steht auf dem Spiel. Eine neue Art von „Generationenkonflikt“.

Im Bundestag hatte die Linksfraktion dazu eine aktuelle Stunde beantragt, damit das Parlament nicht einfach zur Tagesordnung übergeht. Es gab nachdenkliche und gute Reden; man konnte erleben, wie aus den Reihen der AfD gegen die jungen Leute gepöbelt wurde. Vor allem haben Abgeordnete der CDU/CSU über die Tatsache lamentiert, dass die Aktionen als Schulstreik stattfinden. Dabei ist klar, dass genau deshalb so viel öffentliche Aufmerksamkeit erreicht wurde.

Entscheidend ist doch nicht die Schulpflicht, sondern das Lernen für´s Leben! Was lernen denn die streikenden Schülerinnen? Sie lernen diskutieren, sich vernetzen, organisieren, sinnvolle Verknüpfung untereinander, internationalen Austausch, Pressearbeit, Umgang mit Medien, kreatives Gestalten, Reden schreiben, Ansprachen halten. Alles das ist wesentlich für eine lebendige Demokratie.

Es wurde ja immer wieder gesagt, die Jugend sei so unpolitisch und sie würde nur bei Netflix hängen oder an ihren Smartphones. Seit letztem Jahr erleben wir das Gegenteil: junge Menschen engagieren sich gegen Rassismus oder dafür, dass Menschenrechte auch für Flüchtlinge gelten. Bei „Hambi bleibt!“ oder „Ende Gelände“ sind junge Menschen für den Kohleausstieg und Klimagerechtigkeit aktiv… für eine Produktions- und Lebensweise, mit der auch weltweit umweltgerechte und menschenwürdige Verhältnisse machbar sind.

Wir Eltern und Großeltern sind aufgefordert, uns zu entscheiden: wollen wir weiter so – immerweiter-immermehr-immerschneller? Oder und stehen wir an der Seite von Fridays for Future? Für (klima-)bewusstes leben, produzieren, wirtschaften und konsumieren.