Sabine Leidig
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Redetext

Artikel
Der Minister dicker Autos ist zum schämen!
5. Februar 2019
Während zigtausende Schüler*innen für echten Klimaschutz auf die Straße gehen, erklärt Verkehrsminister Scheuer diejenigen für verrückt, die Vorschläge für Klimaschutz im Verkehr machen.

Wohlgemerkt: vom Verkehrssektor wird immer mehr, statt weniger CO2 ausgestoßen. Warum? Weil mit immer mehr Autos immer weiter gefahren wird. Die Zahl der PKW in Deutschland ist seit 2010 um weitere zehn Prozent auf knapp 46 Millionen gewachsen; die Kilometerzahl stieg um neun Prozent. Und weil immer mehr dicke Autos unterwegs sind – vor allem leistungsstarke Diesel. In der Umweltbilanz macht die Übermotorisierung technische Fortschritte wieder zunichte. Im Schnitt hatten neu zugelassenen Autos 2018 151 PS, im Jahr 2010 waren es noch 130 PS. Es sind vor allem die Dienstwagen, die den Trend zu „größer, schneller, weiter“ treiben. Und es sind vor allem die deutschen Autohersteller VW, Daimler, BMW und Porsche, die ihre stattlichen Fahrzeuge überwiegend als Dienstwagen in den Markt bringen. Die steuerlichen Vorteile für Firmen und ihre gutverdienenden Fach-und Führungskräfte belaufen sich dabei auf mehrere Milliarden Euro pro Jahr.

Ein Verkehrsminister der selbst alle Sinne beieinander hätte, würde diesen Dicke-Auto-Vielfahrvorteil abschaffen und stattdessen Bus- und Bahntickets vergünstigen. Das käme allen zu Gute, die nicht mit einem „Dienstwagenbonus“ zum üppigen Jahresgehalt gesegnet sind.

Stattdessen ließ sein Staatssekretär verlauten, dass die Bahn die Fahrpreise verteuern müsse. Dabei pfeifen es die Spatzen von den Dächern: Es war und ist der Privatisierungskurs, der die Deutsche Bahn-AG in die Krise führt und nicht der Sparpreis (siehe auch „Die Anstalt“, ZDF, 29.01.2019). Was „Bahnreform“ und die Automanager Dürr, Mehdorn oder Grube an der Spitze des Konzerns mit Schieneninfrastruktur, Bahnhöfen,  Instandhaltungswerkstätten und Beschäftigten angerichtet haben, kann nur ein Kurswechsel heilen: Bürgerbahn statt Aktiengesellschaft! Und ja: es braucht auch die Umverteilung von Milliardeninvestitionen von der Straße auf die Schiene. Statt für über 50 Milliarden Euro neue Straßen zu bauen, muss die Eisenbahn in der Fläche wieder fit gemacht machen.

Es darf keine Subventionen für Dieseltreibstoff mehr geben. Diese Verbilligung (22 Cent pro Liter) fördert den LKW-Verkehr und inzwischen auch Diesel-PKW. Dafür verzichtet der Fiskus auf viel Geld: etwa 9,5 Milliarden Euro pro Jahr. Warum das Geld nicht einnehmen und damit den öffentlichen Nahverkehr ausbauen?! Das wäre sozial und öko – logisch.

Aber damit hat es der Verkehrsminister nicht. Die von ihm einberufene Expertenkommission will die „Verlagerung auf Bahn, Rad- und Fußverkehr“. Das fand Minister Scheuer „gegen den gesunden Menschenverstand“. Die vorgeschlagene Geschwindigkeitsbegrenzung auf 130 h/km für Autobahnen nannte er „weltfremd“.

Der Verkehrsminister hat offenbar noch nicht mitbekommen, dass Deutschland das einzige Land ist in Europa ohne Tempolimit. Und der Rest der Welt scheint ihm auch egal zu sein. Und unsere Kinder und Enkelkinder gleich mit.