Sabine Leidig
Zurück zur Seite

Redetext

Artikel
Den Klimanotstand anerkennen – das „Weiter so“ ist tödlich
3. Juli 2019
Noch nie in der Menschheitsgeschichte wurde so viel klimaschädliches CO2 in die Luft gepustet wie heute. Noch nie wurde weltweit so viel Erdöl, Kohle und Gas verbrannt wie heute. Die Pro-Kopf-Emissionen sind in Deutschland mit rund 9,6 Tonnen pro Jahr doppelt so hoch wie im weltweiten Durchschnitt. Die Proteste von FridaysForFuture, Ende Gelände, oder Extincion Rebellion bringen es auf den Punkt: es brennt beim Klima, aber im Politikbetrieb herrscht abwarten, aussitzen, wegducken oder wegschauen vor. Die Bundesregierung verfehlt die eigenen, viel zu schwachen Klimaschutzziele krachend. Dabei spüren viele auch hierzulande die Erderhitzung am eigenen Leib.

Wälder brennen, Menschen sterben

Im letzten Rekordsommer 2018 sind in der deutschen Hauptstadt Berlin laut Robert Koch-Institut knapp 500 Menschen direkt an den Folgen der Hitze gestorben, vor allem Säuglinge, Kleinkinder, Alte, Kranke und Menschen mit Übergewicht. Deutschlandweit waren es im letzten Jahr über 1000 Tote. Damit starben 2018 über doppelt so viele Menschen am Klimawandel wie durch Mord. Auch dieser Sommer nimmt mit voller Wucht Anlauf auf neue Allzeit-Hitzerekorde. Was für die einen Urlaubsfeeling heißt, bedeutet für anderen eine starke Belastung. Alte Menschen können wegen der hohen Temperaturen nicht mehr auf die Straße, Landwirte bleiben auf Milliarden-Ernteausfallschäden sitzen. Wälder brennen ab, Flüsse wie der Rhein werden wegen Austrocknung unbeschiffbar, Autobahnen müssen wegen Hitzeschäden gesperrt werden, in ICEs fallen Klimaanlagen wegen Überlastung aus.

 

Nationales Klimaschutzgesetz auf den Weg bringen

Die Linksfraktion hat in der vergangenen Woche im Deutschen Bundestag beantragt, den Klimanotstand anzuerkennen – eine Hauptforderung der Bewegung für Klimagerechtigkeit. Damit würde die Bundesrepublik Ländern wie Irland, Großbritannien, Kanada und Frankreich folgen. Im ganzen Land haben bereits Städte wie Konstanz, Kiel, Bochum und viele andere den Klimanotstand festgestellt. Dabei geht es nicht etwa um eine Öko-Diktatur, Demokratie und Grundgesetz aushebelt. Im Gegenteil: wenn Klimaschutz an erster Stelle steht, wissen alle worum es geht und können ihren Beitrag leisten. Es geht darum, „Klimaschutz bei politischen Entscheidungen prioritär zu behandeln.“

Als Sofortmaßnahme muss endlich ein nationales Klimaschutzgesetz vorgelegt werden, das alle Anstrengungen unternimmt, damit Deutschland seine CO2-Reduktionsziele erreicht. Dies gelingt nur, wenn unverzüglich die 20 schmutzigsten Braunkohlekraftwerke abgeschaltet werden und wenn Schluss gemacht wird mit den Zig-Milliardensubventionen für Öl, Gas, Kohle und der dazugehörigen Infrastruktur. Natürlich muss der nötige Strukturwandel sozial gerecht umgesetzt werden – und das geht auch. Die Beschäftigten und die Öffentlichkeit müssen mitentscheiden können über neue Perspektiven der Arbeit. Die Lobbyisten der Kohle- und Autokonzerne hatten viel zu lange das Sagen. Es geht darum, die Menschheit zu retten, nicht den Kapitalismus.